Auch ich habe endlich meine Liebe zum Fussball entdeckt.
Wie kommt das? Es ist offensichtlich. Betrachten wir ihn.
Er ist zusammengenäht aus zwei elementaren geometrischen Grundflächen auf die sich das gesamte sichtbare Universum zurückführen lässt.
1. dem symmetrischen Bienenwaben-Sechseck, im dem zwei gleichzeitige Dreiecke sind, und
2. dem Blüten-Fünfeck, in dem das Pentagramm wirkt, also Symmetrie und Goldener Schnitt.
Die Sechsecke sind weiß, die Fünfecke schwarz. Weiblich-Männlich, Ying-Yang, Positiv-Negativ. Obwohl die Flächen eckig sind, ist der Ball erdkugelrund. Sein Inneres liegt im Dunkel und besteht aus prall gefüllter Leere.
Ist er nicht das Symbol der Einheit, der Ganzheit, das von 22 Beinen, mit erlesener Trittkraft, traktiert wird?
Nur selten sind ihm Pausen in einem der zwei Tore gegönnt. Wobei dann die Einen weinen und die Andern jubeln. Auch schwarz-weiß, doch ohne Mitte. Der Ball bleibt mit sich gelassen identisch. Im einen wie im andern Tor.
Beim Streit, das Spiel genannt wird, geht es immer um Ballbesitz. An ihm hängen Millionen Augen und Millionen Euros, alle Kameras und alle Hoffnungen.
Der Ball ist am Ende was er am Anfang auch war: rund und vollkommen, soweit etwas vollkommen sein kann. Dazwischen liegt das Drama.
Mann sollte meinen, dass dies ein Ende hätte wenn jeder dieser taffen Männer seinen eigenen Ball bekäme.
Das wäre ein Leichtes. Weit gefehlt. Denn dann könnten sie sich nicht mehr um die Einheit streiten, und es gäbe keine Gewinner und Verlierer, keinen Glücks-Trauer-Cocktail – meist aus Bier bestehend – im einen wie im andern Fall.
Gibt es noch ein anders, höheres Spiel, eines von dem Schiller schrieb:
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“, oder doch nur das alte Gewinn-Verlust-Spiel, das auch die Römer liebten?
Der Ball hat es wahrlich in sich.