So früh sind nur die Bäcker auf und kneten ihren Teig. Doch heute schlafen auch sie. Feiertag. Dauert es deshalb heute Morgen so lange mit meinem Teig? Ich bekomme die Zahlen nicht heraus geknetet.
Die Magie der Zahl
Täglich bekommen wir neue Zahlen. Als wären würde doch die Olympiade stattfinden im internationalen Wettlauf, mit Infizierten und Toten, mit gigantischen Prognosen an zu erwartenden Opfern, die es zwingend erforderlich machten, dass wir uns voneinander fern halten. Wir erfahren wieviele Masken und Atemgräte fehlen, und wieviele Regel-Verstöße es in München, Berlin, Hamburg und in Abtsgmünd gegeben hat. Wir hören wie viele Tests gemacht wurden und wieviele noch fehlen. Dann ungeheuere Zahlen von Geldmengen die ausgleichend gegenüberstehen sollen. Ja, dann kommen noch die Lotto-Zahlen. Und sehr konkret der zwei Meter Abstand den wir – als gefährdete Gefährder – voneinander halten sollen. Sind wir „zahlengläubig“? Hat jeder andere Glaube versagt.
Ohne Gott
Die heutige Philosophie und Naturwissenschaft komme ohne Gott aus. Gott sei „tot“, und würde durch Information und Kommunikation ersetzt, heißt es.
Wenn wir Menschen aber Gott, das Göttliche und Spirituelle aus unserem Denken„entrümpelt“ haben, weil wir uns zurecht nicht mehr bevormunden lassen wollten von dogmatischer religiöser Herrschaft, gibt es nur noch Kommunikation und Information auf der anthropozentrischen Ebene. Dabei wird „Geist“ auf rationalen Verstand reduziert.
Eine intelligentere, göttliche, die menschliche Erkenntnis übersteigende Orientierungsmöglichkeit fällt dabei weg, da sie nicht beweisbar ist.
Wenn dem Leben seine göttliche Dimension abgesprochen wird, auch weil eine niedere Intelligenz die höhere nicht wahrzunehmen in der Lage ist, ist das als würde, auf der Reise durch die ozeanischen Weiten des Lebens, der Kompass ausfallen. Wenn das Leben und das Lebendige reduziert wird auf einen blinden evolutionären Prozess, der zufällig sich seiner selbst im Menschen bewußt wird, in welcher Wirklichkeit finden wir uns dann vor, in welche Wirklichkeit beemen wir uns damit hinein?
Aberglaube
Gewiss: Aberglaube – gut wenn er überwunden wird. Dennoch: Ist alles was nicht messbar ist gleich Aberglaube, mit dem skrupellose Scharlatane ihre Opfer betrügen? Scharlatane könne auch mit „objektiven Zahlen“ betrügen.
Mir ist noch ein Radiobericht zum chinesischen Neujahrstag, am 12. Februar, im Ohr. Der Journalist sagte unter anderem, dass an einem solchen Tag auch allerlei Hokus-Pokus, wie Handlesen, Konjunktur hätten. Da gäbe es zum Beispiel die Vorhersage einer großen Epedemie. Es sei auch etwas von einer sich ausbreitenden Krankheit in einer chinesischen Provinz Wuhan bekannt. Doch laut Robert-Koch-Institut wäre das unbedenklich für uns.
Handlesen
Handlesen ist eine Wissenschaft die an unseren Unis nicht gelehrt wird. Unsere Wissenschaftler lernen Röntgenbilder zu lesen, und hochauflösende Gewebeschnitte, die für den Laien nichts weiter sind als verschwommene Flecken und Strukturen, die sich dem Unkundigen so wenig entschlüsseln wie die lebendigen Linien der der Hand als seine Lebenslandkarte.
Wir „glauben“ eher an objektive Statistiken – die, seltsamerweise, je nach Auftraggeber, sehr gegensätzlich ausfallen können – und an die Meinung von Fachleuten. Wo der eine Fachkundige sagt: Gesichtsmasken sind sinnvoll, behauptet ein anderer, dass das gar nichts bringe. Einer sagt Handschuhe seinen sinnvoll, ein anderer Experte das Gegenteil. (Praktiker ziehen jetzt einen Handschuh an und lassen die andere Hand frei.)
Zwei Beispiele
Auroville/Indien bei einem Arbeits-Aufenthalt 1993. Dort malte ich eine Reihe: „indischen Miniaturen“. Meine Gastgeberin hatte eine schlimmen Beinbruch. Da kam ein einheimischer Heiler zu ihr und hat das Bein in kurzer Zeit geheilt. Sie erzählte, dass der Heiler kein Geld nehmen wollte, durfte, weil er sonst seine Gottesgabe verliere. Aberglaube?
An diesem Ort lebte und arbeitete ich sehr gerne, weil es dort die natürliche Ur-Kräfte gab. Seltene Tiere. Faszinierende, große, schwarze Frösche mit Goldaugen, und Massen, an mir sehr interessierte Moskitos. Auf dem Gelände lebte auch eine Königs-Kobra, die ich leider nie zu Gesicht bekam. Das sei ein sehr scheues Tier. (Gedankensprung: Heute müssen wir selbst in der Ostalb lernen Schlangen zu bilden.)
Blinder Seher
Eines nachmittags, es war heiß und ich war allein auf dem Gelände, auf dem mehrere Häuser stehen, auch eine Schneiderei, hörte ich jemand am äußern Zaun rufen. Ich schaute nach und sah einen kleinen, ausgemergelten Mann mit einem Stock am Zaun stehen. War er blind? Zugleich zu seiner jämmerlichen Gestalt nahm ich eine unsichtbare, machtvolle Welle war die von ihm ausging. Sonst achte ich nicht auf Sogs wie Auras. Ich war genug damit beschäftigt das Wunder zu sehen war vor Augen ist. Ich ging in die Schneiderei zu den Einheimischen und sagte dort Bescheid. Ein Junge holte den Mann ab. Vielleicht sein Großvater?
Dann kam die Gastgeberin zu mir und sagte: „ein blinder Seher ist da.“
Die Einheimischen hätten ihn gerufen. Er lese ihnen die Zukunft aus der Hand. Ob ich dabei sein wolle. Naklar, denn ich hatte ja seine Ausstrahlung erlebt.
Er sang und spielte auf seinen Holzstock, als wäre es eine Flöte, dabei redete er unglaublich schnell wenn er eine Hand las. Ja, ich wollte auch. Und gab ihm meine Hand. Viel kam von den vielen Worten nicht bei mir an die er sprach. Übersetzungsbedingt. Doch ein konkretes Datum, einige Jahre später, nannte er. Das schrieb ich mir auf. An diesem Tag gab es eine bedeutende Änderungen in meinem Leben.
Radiologin
Das andere Beispiel: ich war wegen eines Rückenproblems zu einer CT Untersuchung in der Röhre und saß mit der Radiologin vor den faszinierenden Bildern meiner innern Körperlandkarte. Doch mehr als die rhythmischen Wirbelknochen erkannte ich nicht. Mein Blick ist nicht geschult dafür. Die Radiologin konnte aus feinen grauen Schattierungen entscheidenden Schlüsse ziehen. Doch dann sagte sie: es gibt Menschen die kaum mehr laufen können, und wir finden nichts, und andere, die nach den Daten fast schon gelähmt sein müssten, die sich aber munter und weitgehend schmerzfrei weiter bewegten. So kommt es beim Handlesen und beim Lesen der Röntgenbilder auf die subjektive Fähigkeit des Kundigen an. Hier wie dort, und auf die subjektive Befindlichkeit des Patienten ebenso.
Aberglaube, nein danke.
Aber Glaube, ja bitte! Nur nicht blind, (ausgenommen der blinde Seher) sondern mit kritischen Gespür und wachem Herzen. Denn der Weg, der sich im Gehen bildet, ist oft gefährlich schmal. Vor allem dort wo er zu sicher erscheint.
Der Glaube ist eine visionäre Kraft, eine Dynamik der Imagination. Da ist inneres Wissen, das sich entfaltet, wenn das Leben seine ihm gemäße Richtung nimmt.
Ich persönlich brauche die Dimension des Göttlichen als Außeninstanz meiner eigenen Wahrnehmungsmöglichkeit. Sonst wird es mir extrem eng, wie in einem Dampfkochtopf, dessen Innenseite voller Monitore ist.
Heute ist Karfreitag. Das Göttliche stirbt. Was für ein Widerspruch, was für ein Mysterium. Es stirbt um durch den Tod zu gehen und unsterblich wieder geboren zu werden. Ostern.
Diese „Geschichte“ erzählt die Natur den offenen Augen, dem sehenden Verstand und dem fühlenden Herzen seit Menschengedenken.
Das Göttliche lächelt in jeder Blume und wirkt als intelligente Lebenskraft in jeder Zelle. Ich komme mir albern vor wenn ich zurück lächle. Egal! Ein wenig rumalbern heitert die Stimmung auf.
Bilden Sie eine Schlange!
Deshalb habe ich auf die ernste Anweisung „Bilden Sie eine Schlange“, die derzeit überall zu hören ist, konkret befolgt. Auch wegen der Königskobra, wegen der Eva im Paradies, wegen der kosmischen Urschlange Vishnus, und wegen dem Ourobrous.
Mit lichtem Morgengruß!
Alfred (Bast)