Daten statt Taten?

Handschrift
Was ich handschriftlich zu Papier bringe wird von meinem natürlichen „Betriebssystem Gehirn“ aus Milliarden Neuronen auch noch viele Jahre später entschlüsselt, vorausgesetzt dass ich meine Schrift noch lesen kann.

Gehirn
Das walnussartige Gebilde im Schädel ist zugleich ausgestattet mit einer extrem lernfähigen Software, inclusive kreative Sprünge. Über dieses Wunder wundere ich mich immer wieder und wieder und wieder – von Neuem. Jeder Mensch hat ein solches Universum in seinem Kopf und ist mit seinem Wesen ein Mikrokosmos. Wie oft geben wir es billig preis an lärmende Lautsprecher?

Bildschirm
Ich schreibe hier nicht mit Papier und Bleistift sondern, in aller Herr-Gott´s-früh, mit der faszinierenden Schreibmaschine die mir auf dem Bildschirm gleich den formulierten Gedanken zeigt. Flüssig wie Lava kommt es aus dem brodelnden Chaos meines blubbernden, dampfenden, drängenden Unbewußten über den Brillenrand und strömt wortwörtlich sichtbar in den Bildschirm. Ich kann mit der Schreibmaschine tippend diesen Fluss mühelos sofort verändern, korrigieren, formen, löschen. Dabei sehe ich immer auf ein perfektes Schriftbild, wie dumm und unreif mein Text auch sein mag. Und: ich kann ihn dir gleich zuschicken und auch geschickt bekommen. Geschick …schick … schickt. Grandios! Das ist mit Papier und Bleistift nicht so „easy“. Doch von Papier und Bleistift habe ich den Anspruch gelernt so lange zu formen bis die Lava ein würdiges Nest bekommt in dem sich dein geflügelter Sinn niederlassen kann.

Postfaktisch
Die Technik wächst uns erst aus dem Kopf, dann via Bildschirm wieder in den Kopf zurück, und schließlich überschwemmt sie als Datenflut unser Fassungsvermögen. Kopfunter treiben wir im Datenstrom. Er hat sich zur Sintflut summiert, in der wir, sorgfältig anästhetisiert, unmerklich ertrunken sind. Diesen Tod merken wir nicht, denn wir werden zwischen Katastrophe und Sonderangebot nach Strich und Faden ge- und verschaukelt, atmen Daten und essen Infos. Postfaktische. Wir wissen nicht mehr ob etwas von der ehemals objektiven Berichterstattung, mit ihre Objektiven und den seriösen Stimmen und Gesichtern, wirklich so war wie es dargestellt wurde, oder ob etwas so dargestellt wurde, dass wir meinen dass es wirklich so war. Auch im Tempel der Gerechtigkeit, den Gerichten, wird dem Mandanten vertraulich gesagt: Wahrheit ist eine Frage der Darstellung. Von der Mondlandung bis zu den Kölner Sylvesterübergriffen, alles erfunden, auch der Klimawandel? Lüge und Wahrheit mischen sich im Kopf zu einem Amalgam, einer modernen Legierung aus Medienmaske und eigenem Gesicht. Das Orientierungssystem und der Gleichgewichtssinn kommen in Trudeln. Die mediale Welt übernimmt uns.

Alarm!
Und dann? Ganz einfach. Sei einfach mal ganz!
Besinne dich. Nimm Deine verstreuten Sinne zusammen. Sammle sie ein, wie Noah die Tiere. Mach die Luken eine Weile dicht. Geh nach Innen. Steig in den tiefen Brunnen der vom Gehirn ins Herz reicht. Tauche AB in deinen GRUND. Dorthin wo dein Lebenspuls pocht. Dein pulsierender Mittelpunkt der dich mit allem was lebendig ist verbindet. Dort wartet dein anderes Ich in dem du schläfst. Deine Seele. Sie kennt Dich schon lang. Nimm Bleistift mit und Papier. Lerne sie kennen und schreib dir´s ins Blut.

Daten statt Taten?
Wir begreifen letztlich nur was wir tun, was wir ergreifen, uns aneignen, einverleiben. Wenn sich der Vorgang umkehrt, und wir den Daten einverleibt werden, dann braucht es auch keine Taten mehr. Denn die Daten ersetzen die Taten, so wie dort die Geste schon die Handlung selber ist, und die Mittel der Zweck. Doch: Die besten Farben garantieren noch kein gutes Bild. Der beste Lautsprecher noch keine gute Musik, das beste Mikrophon noch keinen klugen Gedanken. Dazu gehört auch:
Die Mittel für Geisteswissenschaften zu streichen ist kein Problem für Leute die nichts von Geist wissen, aber von dessen Früchten fett werden. Allem was sich in Technik und Kultur entwickelt geht eine Initialzündung, ein Geistesblitz voraus.

„On“ – aus
Vergisst mal den „on“ Knopf zu drücken um der dröhnenden Stille des Sternenhimmels dein Ohr zu schenken. Webe einige deiner Traumfäden mit in deinen jungen Tag. Lass dir die Augen übergehen vom Licht das an den Dingen spielt, und tauche in den Blick eines Tieres. Trinke das Naheliegende aus der Schale deiner Hände. Dann nährt dein Herz den Garten deines Denkens.
Bei manchen Menschen reicht der Ertrag aus diesem Garten für ein ganzes Zeitalter, andere versorgen ihren Kreis, doch keiner nur sich selber.