Vergegenwärtigte Zukunft
„Du machst ja ziemlich viel, woher nimmst du die Zeit?“, werde ich manchmal gefragt. Ich antworte meist etwas flapsig: „Ich verwende so gut wie keine Zeit für Ablenkung, sondern verwende möglichst alle Zeit darauf mich Hinzulenken.“ Hinzulenken worauf? Ja worauf?
Vielleicht muss ich es anders sagen! Da gibt es so viele Themen und Schichten in die ich – wir alle – täglich eingebunden sind: vom Alter und der körperlichen Befindlichkeit, über das Netz komplexer Beziehungen mit all ihren Erfahrungen, Projektionen und Deutungen, über das Wetter bis zum aktuellen Weltgeschehen mit seinen wirr-bedrohlichen Verwerfungen (für das der Erdrutsch im Lötschental, wo ich öfter schon war, ein dramatischer Ausdruck sein könnte.) Und einer immer subtileren und smarteren KI die uns das (anstrengende und fehlerhafte) SelbstDenken, das (unperfekte und mühsame) SelbstSchaffen abnimmt, um rascher zum Ziel zu gelangen das überall ist, nur nicht schon hier. Doch vielleicht ist es ja schon hier und ich übersehe es, weil ich es in eine Zukunft aus- und vorverlagere die niemals eintreten wird.
Denn wenn die Zukunft eintritt, ist sie keine mehr, dann ist sie Gegenwart. Also da. Anwesend.
Ich frage also:wieviel Zukunft ist Gegenwart geworden?
Das ändert die Blickrichtung und lenkt hin zu dem was ist.
Zum Beispiel auf die erste Rose (…in der Winterzeit lag sie noch in der Zukunft) die jetzt mit üppiger Pracht diese ehemalige Zukunft duftend vergegenwärtigt.
Wenn ich zu zeichnen beginne öffnet sich mit dem leeren weißen Blatt ein Zeitfenster, in den – durch das Tätigsein – die Zukunft hereinströmt. (Auch die Zeichnung liegt ja noch in der Zukunft.)
Mit meiner Bedingtheit an Fähigkeit und Zeit tauche ich in den Dialog mit diesem verkörperten Licht-Erde-Wesen das wir Rose nennen. In dessen Wirbeln, Blättern, Formen und Farben, in dessen bewegter Gestalt zeichnete sich das ganze strömende Leben – mit seinen Themen und Schichten – ein und drückt es aus.
Der Zeichenprozess, (fotodokumentarisch begleitet) geschieht nonverbal. Das begriffliche Denken ist dabei aktiver Zuschauer. Manchmal mischt es sich ein und gibt einen Kommentar ab. Wenn er stimmt kommt er aufs Blatt:
Um in diese Doppelrose zeichnend einzutauchen brauchst du eine komplette Ausrüstung, bestehend aus: FREI-RAUM • DYNAMISCHER PRÄZISION • SPONTANITÄT• GELASSENER KONZENTRATION UND EINEN LINK ZUR EWIGKEIT IN DER ZEIT.
Es ist nicht das Ergebnis um was es hier geht, sondern es ist das Erlebnis. Oder wenn man so will: Die Zeichnung ist das erlebte Ergebnis.